7.2.07

Odin/Wodan

O je, jetzt muss ich Farbe bekennen: ich mag keine männlichen Eingötter! Ich bin der festen Überzeugung, dass so lange Männer die Welt beherrschen, es keinen Frieden geben kann. So etwas wird wohl in manchen Kreisen ein Autoritätsproblem genannt, glaube ich.

Jetzt kommen nämlich Odin/Wodan und später auch noch sein Sohn Thor, der alte Haudrauf, im Lerntext dran. Ich werde nicht um sie herum kommen, wie es scheint. Zumal es in der Nähe unseres Dorfes einen Hügel mit dem Namen „Wadberg“ gibt. Wodans Berg ist sozusagen unser Hausberg.


Anderswelt: Dort oben habe ich mal den Berggeist gerufen und war gespannt, ob es Wodan sein würde, der sich zeigt. Es tauchte auch eine männliche Geistergestalt auf, die mich aber eher an Rübezahl erinnerte, ich weiß auch nicht genau wieso. Er war ziemlich groß und grobschlächtig, aber relativ wohlwollend, und ich fühlte mich von ihm gutmütig und etwas abschätzig belächelt. Ich werde ihn bestimmt noch mal besuchen gehen.


Ich bin erstaunt zu erfahren, wie viele verschiedene Charaktere Odins/Wodans beschrieben werden.

  • Der Allvater: an der Spitze der zwölf Asen (der Olymp lässt grüßen), mit Goldhelm und Speer in seiner goldenen Halle ernährt er sich ausschließlich von Rotwein. Seine beiden Raben Hugin (Erkenntnis) und Munin (Erinnerung) sitzen neben seinem Haupt und flüstern ihm die Geheimnisse der verschiedenen Welten ins Ohr.
  • Der Weltenschöpfer: er erschafft die Welt aus dem Körper Ymirs (bevor etwas neu geschaffen wird, muss erstmal ein Vorfahre ermordet werden!) und die Menschen aus zwei Hölzern.
  • Der Sturmgott: auf seinem achtbeinigen Schimmel Sleipnir, mit Schlapphut und weitem, blauen Mantel reitet er an Mittwinter als „Wilder Jäger“ an der Spitze eines auf den Sturmwinden daher brausenden, wütenden Heeres, der „Wilden Jagd“.
  • Der Himmelsgott: ein milder, segnender, Fruchtbarkeit spendender Wettergott
  • Der Wintergott: das Winterwetter machend
  • Der schlafende Gott: im Zauberschlaf träumend wie Barbarossa, Merlin und König Artus.
  • Der Kriegsgott: mit seinen Raben und den Walküren wurden ihm auch Menschen geopfert.
  • Der gütige Gott: zusammen mit seiner Frau rettet und unterrichtet er zwei gestrandete Königssöhne.
  • Der Totengott: das nächtliche Heer besteht aus den Seelen Verstorbener, die Odin/Wodan im Inneren der Berge, seinem unterirdischen Reich, sammelt.
  • Der Schamane und wissende Gott: er opfert ein Auge für den Trunk aus dem Brunnen der Erkenntnis. Angeblich erfand er sogar die Runen, die ihm Macht und Wissen verliehen, indem er sich einer neuntägigen Initiation, am Baum hängend, unterzog. (Es ist ja immerhin auch möglich, dass er sie für einen guten Batzen irgendeines gängigen Tauschmittels einem fahrenden Händler abhandelte, denn andere Völker benutzten Schriftzeichen bereits seit Jahrhunderten. Clever war es in jedem Falle.) Mit einem der weisesten Riesen lässt er sich auf einen Wissenswettstreit ein, den er durch einem Trick gewinnt. - Er verwandelt sich auch in Vögel oder andere wilde Tiere, Fische oder Drachen und reist in weit entfernte Gegenden, während sein Körper aussieht, als schliefe er oder sei tot. Er lernt, mit den Toten zu kommunizieren und verwendet den abgeschlagenen Kopf des Riesen Mimir zur Weissagung.
  • Der merkurische Gott: die Römer setzten Odin/Wodan mit ihrem Götterboten Merkur gleich. Der Erwecker des Verstandes, der Wissen und wahres Verstehen schenken, aber außer Kontrolle geraten auch in den Wahnsinn treiben kann.

Es sind mehr als einhundert Namen dieses Gottes überliefert, die uns Aufschluss über sein Wesen und Treiben geben können. Den Namen der Schrecken haben wir schon im Zusammenhang mit Yggdrasil kennen gelernt. Weiter wurde er der Veränderliche, der Wachsame, der Hängende, der Maskierte, der Zwiefältige, der Wahrheitsfinder, der Verborgene, Jägerhansl, Hackelberend, Helljäger und Schimmelreiter genannt.

Odin/Wodan war zunächst der Gott der aristokratischen Kriegerkasten, der Stammesfürsten und deren Gefolge. Beim einfachen Landvolk war Odin damals nicht sehr beliebt, diese Menschen fühlten sich den alten Vegetationsgottheiten der Wanen näher verbunden. Das hat sich im Zuge der Christianisierung bestimmt geändert. Da waren es dann die einfachen Leute, die ihm am längsten die Treue hielten, und dafür in späteren Jahrhunderten nicht selten vor der Inquisition landeten.

Im Vorwort zur Prosa-Edda wird erwähnt, Odin/Wodan und die ihn begleitenden Asen seien Menschen gewesen, die ursprünglich aus Asien kamen, und deren König er war. Christlicher Kunstgriff oder Tatsache? Das wird heute niemand mehr herausfinden können, ist aber ein Gedanke, der mir gefällt. Denn es waren in jedem Fall Menschen, die diese Gottesvorstellung auf ihren Eroberungszügen mit sich brachten.

Ich selber habe zumindest begriffen, dass es sich bei diesem Gott um ein Prinzip handelt, dass ich in einer Ultrakurzform als Erkenntnisdrang und Durchsetzungswillen bezeichnen möchte. Zwei Eigenschaften, die mir auch nicht ganz fremd sind, denn immerhin bin ich zurzeit ja auch auf Erkenntnissuche, in Bezug auf die Runen nämlich. Also Odin/Wodan, der Einäugige unter den Blinden, existiert. Ich muss ihn wohl anerkennen, aber verehren und feiern muss ich ihn deswegen noch lange nicht, oder?
Wer weiß?

4 Kommentare:

Ursel hat gesagt…

Liebe Juansi,

Mensch, da hat sich ja was getan in Deinem Blog !!
Toll !
Da werde ich mich bei Gelegenheit schlaumachen ;)
5 Minuten zum Lesen hab' ich immer mal zwischendurch. Ich merke grad, wie gut ich die Zeit zwischen der Arbeit nutzen kann :) Viel besser, als zuhause, komisch, nicht !?
Aber das ging mir immer schon so, auch in D, als im Bereitschaftsdienst sehr viel Zeit hatte..

Ganz liebe Grüsse

Ursel

Ursel hat gesagt…

wie war :)

Aber es war mir ein Schlüsselerlebnis, dass es auch reicht, 1-2 Mal die Woche zu putzen und 2 Tage Wäsche zu waschen statt sich ständig darin zu verlieren..

War an der Zeit, wieder rauszukommen !

Liebe Grüsse Ursel

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website runenraunen.blogspot.com Links tauschen

Anonym hat gesagt…

Was für ein schöner Beitrag. Ich liebe das Lesen dieser Arten oder Gegenstände. Ich kann t abwarten, was andere zu sagen haben.