1.3.07

Tod, Frauen und die Erdgöttin

Über die Jenseitsvorstellungen und den Umgang mit dem Tod habe ich in dem Buch „Die Frau bei den Germanen“ von Jakob Amstadt etwas mehr erfahren können. Er schreibt, dass die Germanen den Menschen nicht in Leib und Seele einteilten, so wie es die Griechen schon in der Antike taten. Sie unterschieden nicht so klar zwischen Leben und Tod, wie wir heutigen Menschen. Der Tod schien ihnen nur eine Abwesenheit zu sein, von der man wiederkehren kann, so wie vielleicht der Großvater im Enkel wieder ins Leben zurückkehrt. „Für die Germanen lebte der Tote in einer anderen Dimension und zeigte dieses Dasein zu gewissen Zeiten und in bestimmten Formen seiner Existenz.“ Jetzt verstehe ich es besser, warum sie anscheinend so Todes verachtend waren.

Über die Frauen habe ich auch einiges erfahren, trotzdem wird mir ihre Stellung innerhalb der germanischen Gesellschaft nicht wirklich deutlich. Die Berichte reichen von Priesterinnen und Wahrsagerinnen, die bei den Wanderungen der Kimbern vorangingen und die Richtung bestimmten und die über den Zeitpunkt und den Ausgang von Schlachten weissagten, bis hin zu Frauen, die nach einem Ehebruch von ihren Männern ungestraft kahl geschoren, nackt durchs Dorf gepeitscht und ersäuft wurden. Die Spanne ist also breit.

Jedenfalls waren sie vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Sie saßen nicht mit im Thing, der Rats- und Gerichtsversammlung, und sie feierten und tranken auch nicht gemeinsam mit den Männern.

Über Frau Holle und Barbarossa im Kyffhäuser habe ich inzwischen auch etwas Neues gelesen. In Amstadts Buch wird über Funde berichtet, die belegen, dass die Höhlen im Kyffhäuser schon seit der Steinzeit der Kultplatz einer Göttin gewesen seien.


Anderswelt: Ich wollte dem Geist der Erde oder der Erdgöttin begegnen. Lange hatte ich diese Reise vor mir her geschoben, fürchtete mich etwas davor - zu Recht, wie sich herausstellen sollte. Zweimal hatte ich die Göttin schon in einer kurzen Halbtrance besucht. Beide Male machte sie mir in unmissverständlicher Weise klar, dass sie und ich wirklich eins sind.

Gestern rief ich endlich meine Verbündeten und flog mit ihnen zunächst eine Weile über den Globus dahin und dann in die Erde hinein. In einer unterirdischen Höhle legte ich mich wie ein Opfer nackt auf einen großen Steinquader. Warum ich das tat, weiß ich selber nicht, es war halt so. Die Göttin kam herbei und war ganz dunkel, schwarz-braunes langes Haar, dessen herabhängende Wellen an fruchtbare Ackerfurchen erinnerten. So hatte ich mir ungefähr die sumerische Totengöttin Ereshkigal vorgestellt. Sie hätte auch Nerthus sein können, Jörd, Hekate, Hel, die Morrigan. Ich wusste gleich, ich würde etwas hergeben müssen.

Und richtig, sie schnitt mir den Leib der Länge nach auf und entnahm daraus alles, die Eingeweide, die Knochen und den ganzen Rest. Stück für Stück warf sie das in eine Flammengrube neben dem Felsenaltar, bis nur noch meine Haut wie eine leere Hülle übrig blieb. Diese zog sie sich über und sah nun aus wie ich. Der Stein war leer, ich selber war nicht mehr da. Die Göttin begann zu tanzen, setzte ihre Füße präzise in einem unsichtbaren Muster auf und bewegte sich anmutig und gemessen durch den Raum, wobei sie sich auch um sich selber drehte. Ich erhielt die Botschaft: hör auf zu denken, dein Ich, d-ich gibt es nicht mehr, tanze!

Durch Bilder und Figuren, die sie mit ihrem Körper formte, wurde mir außerdem deutlich gemacht, dass die Pole männlich/weiblich, Konzentration/Ausdehnung, Monotheismus/Pantheismus von mir immer noch viel zu sehr in gut und schlecht eingeteilt werden. Sie zeigte mir, dass es sich damit eher wie beim Atmen verhält - ein/aus – oder wie die Ausdehnung und das wieder Zusammenziehen des ganzen Universums wie ein großer Atem. Beides gehört zusammen und ist die Bewegung des Lebens.

Ich war etwas panisch, weil ich die ganze Zeit nicht mehr vorhanden war und erwartete irgendwie, wieder zusammengesetzt zu werden. Stattdessen rief die Trommel zur Umkehr, und ich musste gehen. Beim Abschied rief mir die Göttin hinterher: „Komm wieder!“



Ich bin die Erde,
ein Stein und ein Baum.
Sterbe und werde
als wie im Traum.


2 Kommentare:

MyM hat gesagt…

wie reist du denn? in einer gruppe oder mit kassette alleine?

Juansi hat gesagt…

Diese Reise habe ich allein mit einer CD gemacht. Manchmal reise ich auch zur eigenen Trommel oder ganz ohne Hilfsmittel oder sogar mit offenen Augen beim Gehen.